Möglichkeiten und Dienstleistungen.

Eine Frau lehnt sich auf die Brust ihres Lebensgefährten, er sitzt in einem Elektrorollstuhl. Die beiden halten Händchen und berühren sich innig, Beide sind nackt.

Für behinderte Menschen ist die Sexualität oft ein schwieriges Thema. Durch die Tabuisierung dieses Themas in der Öffentlichkeit aber auch innerhalb der Familien wurde ein Bild geschaffen, welches die Sexualität von behinderten Menschen als ein Ding der Unmöglichkeit darstellt. Umso stärker die Behinderung umso weiter ist der behinderte Mensch von einer angeblichen Norm entfernt, hierbei ist es völlig egal ob wir hier von einer körperlichen oder geistigen Norm sprechen, und je weiter man von dieser angeblichen Norm entfernt ist umso weniger wird die Sexualität zum Thema.

Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass Eltern ihren Kindern einreden dass ihre Sexualität unnatürlich wäre, die jeweiligen Liebhaber*innen oder Freund*innen pervers wären, es führt aber auch dazu dass jede Form von sexuellen Aktivitäten in gewissen Einrichtungen untersagt wird und die betroffenen Menschen mit den eventuell schwierigen Folgen dieser Tabuisierung allein gelassen werden.

Eine völlig unterdrückte Sexualität ist nicht gesund, sie kann zum Beispiel zu Depressionen führen oder zu starken Stimmungsschwankungen. Natürlich gibt es Menschen die sich völlig freiwillig in eine solche Situation begeben, dies ist auch völlig in Ordnung, doch für die meisten behinderten Menschen ist das eben keine freiwillige Situation.

Sexwork und Workshops.

Trotz dieser Tabuisierung möchten sich viele behinderte Menschen irgendwann mit ihrem Körper und ihrer Lust auseinandersetzen. Alleine ist dies jedoch oft schwierig, manchmal ist es körperlich schwierig oder kaum umsetzbar oder es fehlt einfach nur an den richtigen Ideen für die Umsetzung, dafür gibt es verschiedene Hilfsangebote.

Als erstes zu erwähnen wäre hier die Möglichkeit von Sexualassistenz bzw. Sexualbegleitung. Die Menschen die in diesem Beruf arbeiten, versuchen ihrer Kundschaft ein Gefühl für ihren Körper und ihre Sexualität zu vermitteln, der grundsätzliche Ansatz ist dabei eher therapeutischer Natur, mit Sex nach Bestellung hat das in der Regel nichts zu tun. In Deutschland sorgt das Institut zur Selbstbestimmung Behinderter (ISBB) in der niedersächsischen Stadt Trebel seit mehr als zwei Jahrzehnten für eine fundierte Ausbildung. Die Ausbildung dauert sieben Wochenenden, am Ende erhalten die Absolventen ein Zertifikat, meistens sind es Frauen. 

Auch andere Sexworker*innen jenseits der Sexualassistenz bzw. der Sexualbegleitung bieten durchaus ihre Dienste für behinderte Menschen an. Es gibt hier und da sogar behindertengerechte und behindertenfreundliche Bordelle und vereinzelt tatsächlich auch BDSM-Studios. Hierbei empfiehlt es sich die Angebote in der eigenen Umgebung zu prüfen und gegebenenfalls einfach höflich und freundlich nachzufragen, ob die Dienstleistungen auch für behinderte Menschen verfügbar sind.

Ebenfalls eine erwähnenswerte Möglichkeit sind Workshops. Gerade Im tantrischen Bereich findet man immer wieder Workshops die behinderten Teilnehmer*innen gegenüber völlig offen sind. Auch hier empfiehlt es sich bei den jeweiligen Veranstalter*innen einfach nachzufragen.

Eine Liste von behindertenfreundlichen Sexworker*innen und Bordellen findet ihr übrigens auf Deva Bhushas Website.

Eine Frau steht nackt vor dem Rollstuhl ihres Lebensgefährten, sie hält seinen Kopf in ihren händen, er greift nach ihrer linken Brust. Beide lächeln.

Sex auf Rezept?

Sex auf Rezept gibt es in Deutschland derzeit nicht, den letzten größeren Vorstoß in diese Richtung übernahmen die Grünen, die Kritik an der Idee war allerdings riesig. Weitere bundespolitische Vorstöße sind derzeit nicht absehbar.

In einigen Ländern wie den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und der Schweiz gibt es Dienstleistungsorganisationen, die Sexualbegleitung anbieten. Manche niederländische Kommunen geben in Einzelfällen finanzielle Unterstützung, doch die bürokratischen Hürden sind hoch. Für die Unterstützung müssen Behinderte beweisen „dass ihre Behinderung die wichtigste Ursache dafür ist, dass sie unfähig sind, ihre sexuellen Bedürfnisse zu erfüllen und dass sie nicht in der Lage sind, die Kosten für Sexualassistenz zu tragen“ In den meisten Ländern wird es allerdings privat bezahlt.

Fotografien von Gerhard Pecher – Schmidt und Nancy